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  • AutorenbildMilaidin

Corona, Talcid und du

Aktualisiert: 31. Jan. 2021

Ich kann mir nicht helfen, aber irgendwie komme ich zunehmend zu der Überzeugung, dass unser eigentliches Problem nicht Corona ist, sondern das, was es aus uns macht, zumal ich an mir selbst erste Ausfallerscheinungen bemerke. Dass ich mich seit einiger Zeit mit dem Gedanken trage, in meinem Garten eine Kopie des Todessterns im Maßstab 1:9 aus Panna cotta zu gießen, mag ja dem ein oder anderen Leser noch als völlig normal erscheinen. Und auch der Umstand, dass einige meiner engsten Freunde mittlerweile Ausmalbilder eines Einhorns per Mail kursieren lassen ... gut, kann man machen. Muss man aber auch nicht.


Wirklich bedenklich sind allerdings die STASI-Allüren, die vermutlich nicht nur ich gerade entwickle.


Beispiel: Ich sitze am Samstagabend zu später Stunde – gegen halb eins vom Corona-indizierten Reflux aus dem Bett getrieben – SEEEHR aufrecht in meinem Fernsehsessel und sehe mir in irgendeiner Mediathek das Staffelfinale meiner bevorzugten Familienserie an, weil ich die Erstausstrahlung auf KiKa um viertel nach eins aus Sodgründen verpasst habe – irgendwann muss der Mensch ja auch mal schlafen. Dazu wurde das Homeoffice ja schließlich erfunden.


Erkenntnis des Tages: Sodbrennen nervt wie Hulle, und nur fressen und saufen scheint selbst (oder gerade) in Coronazeiten kontraproduktiv zu sein.


Ich will mir gerade mein siebtes Bier aufschießen – an Schlaf ist ohnehin nicht zu denken, rülps – als es in der nachbarlichen Einfahrt hell wird und ein Auto – mit besagtem Nachbarn drin – vorfährt. Nicht, dass es mich a) etwas anginge und b) unter normalen Umständen ernsthaft interessieren würde, aber gilt nicht seit neun die Ausgangssperre? Na ja, vermutlich hatte er Nachtschicht, der Nachbar, und kommt nicht umhin, gegen das achte, neunte oder was weiß ich, wievielte Södersche Gebot zu verstoßen ... der olle Rentner. Aber es geht mich ja wie gesagt überhaupt nichts an, was dieser asoziale, verantwortungslose Coronaterrorist in der Nacht treibt.


Wobei der Gedanke schon irritierend ist. Mutiere ich jetzt selbst schon zum Blockwart, der seine Nachbarn beobachtet und gegebenenfalls zur Anzeige bringt? Ach Quatsch. Natürlich nicht. 20 Minuten später, ich habe zu Ehren von Rick und Shane, die gerade ein Zombienest ausgehoben haben, ein Gläschen Single Malt Richtung Magenpförtner gekippt – Scheiße, brennt der runter –, als es draußen wieder sichtlich heller wird.


Offenbar hatte mein anderer Nachbar auch Nachtdienst. Armes Schwein, denke ich, während ich mir am Klofenster stehend sein Nummernschild notiere.


Mittlerweile ist es halb zwei. Der Sod brennt komischerweise auch nach einem Humpen Rotwein noch, dabei ist der doch laut Beschreibung samtig im Abgang. Könnte mein Ösophagus, der alte Schluckdarm, reden, würde er wohl eher von "feurig" sprechen. Kann er aber nicht, also zurück vor den Fernseher ... wobei das Sodbrennen langsam echt nervt. Spiele mittlerweile sogar mit dem Gedanken, eine Talcid im Rotwein aufzulösen, um ...


JETZT GEHT DA DRAUSSEN SCHON WIEDER EIN HOFLICHT AN. Ja sagt mal, hackt's? Was ist los mit euch? Gleich geh ich raus. Ah, nein, hab ja nichts an ... das würde den Effekt des aufgebrachten Corona-Blockwarts nachhaltig trüben und bestenfalls für Gelächter sorgen. Also mache ich nur ein paar Fotos und notiere mir ein weiteres Nummernschild ... nur so für die Akten.


Kann man um zwei eigentlich noch bei der Polizei anrufen? Oder reicht es auch, wenn ich meine Nachbarn morgen früh anzeigen? Hach, ich weiß nicht. Ich würde meiner Bürgerpflicht schon lieber zeitnah nachkommen. Eigentlich sollte ich den Söder persönlich anrufen, der hat sich den Blödsinn ja schließlich ausgedacht. Aber der weiß schon, warum er nicht im Telefonbuch steht.


Ein Glück, dass ich Connections habe. Der Schwiegervater meines Sohns ist nämlich bei der Polizei. Und glücklicherweise hat er heute Nacht frei, soweit ich weiß. Den ruf ich jetzt an.


Ich bin sicher, er freut sich über meine brisanten Informationen ...

Die vier apokalyptischen Einhörner, sehr frei nach Johannes. Irgendwie geil, aber auch sehr, sehr bedenklich ...

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