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MediaMarkt – so clever wie ein Tetrapack

  • Autorenbild: Milaidin
    Milaidin
  • 10. Juli 2019
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 21. Aug. 2019

Vorgestern ist mir mein Handy runtergefallen. Natürlich wie ein Marmeladenbrot auf die Seite, wo's wehtut. Ärgerlich, aber mich hat schließlich niemand gezwungen, KEIN Panzerglas draufzukleben. Liegt ja auch in der Schublade gut. Da kann es wenigstens nicht kaputtgehen und ich habe ein Glas übrig, falls meine Tochter eines braucht.


Jedenfalls hat das Kopfsteinpflaster ganze Arbeit geleistet. Erst ist das Handy in Bullet Time aufs Display geknallt, und weil es so schön war, hat es sich dann elegant um die eigene Achse gedreht, um – wieder in Bullet Time – auch noch die Kamera zu ruinieren. Großartig. Immerhin hätte mir das Panzerglas bei der Kamera auch nichts geholfen.


Also gestern ab zum MediaMarkt meines Vertrauens – Handyabteilung. Da stehe ich erst mal an der Theke und sehe zwei Mitarbeitern zu, die hochkonzentriert in ihre Monitore bzw. in die andere Richtung schauen. Egal, ich hab ja Zeit. Kann ja einstweilen meine Mails checken. Argh. Kann ich nicht, mein Handy ist ja hinüber. Blöd jetzt, also weiter warten und auf das Beste hoffen.


Und tatsächlich, nach 5 (!) Minuten und etlichen Räusperern meinerseits erbarmt sich ein Mitarbeiter und fragt mich freundlich: "Kann ich Ihnen helfen?" Ich bin kurz versucht, dankend abzulehnen und ihm einfach mein kaputtes Handy in den Rachen zu stopfen, setze aber statdessen ein freundliches Lächeln auf und antworte: "Ja, ich hätte gerne einen Döner ohne Soße, aber mit Scharfe." Das betretene Gesicht des Mannes entschädigt mich immerhin für die letzten fünf Minuten.


"Nein, im Ernst. Mein Handy ist kaputt und ich bräuchte bitte einen Kostenvoranschlag für die Reparatur – wegen der Versicherung, wissen Sie?" Jetzt endlich hellt sich die Miene des Mitarbeiters fast schon erleichtert auf, als er meint: "Da müssen Sie zur Info. Wir machen das hier nicht." Klar, verstehe. Bin schließlich nur in der Handyabteilung. "Aber falls Sie ein neues Gerät brauchen ..." Ich winke dankend ab und stapfe ans andere Ende des Ladens zum Informationsstand.


Wo natürlich niemand ist. Ich beschließe, wenn ich mal wieder gestresst bin und in aller Ruhe meditieren möchte, ohne von irgendjemandem angesprochen zu werden, gehe ich in genau diesen MediaMarkt. Nach etwa 5 Minuten (und einigen Nachfragen bei herumstreunenden) Mitzwanzigern in roten T-Shirts nimmt sich schließlich eine der Rotjacken meines Problems an.


"Guten Tag. Wie kann ich Ihnen helfen?" "Also, mir ist mein Handy runtergefallen und der Herr in der Abteilung meinte ..." Der Mann hinter dem Tresen winkt ab: "Unser Experte, der die Handys repariert, ist heute leider nicht da. Eigentlich müsste er da drüben unter der Treppe sitzen, keine Ahnung, wo der steckt. Kommen Sie doch morgen noch mal." "Ist er morgen denn hier?", frage ich. "Weiß nicht, eigentlich müsste er heute auch da sein. Vielleicht ist er ja krank. Sehen Sie dann ja morgen." Ich suche verstohlen nach der versteckten Kamera. Der Typ verarscht mich doch ...


"Hören Sie, ich will das Handy gar nicht reparieren lassen, sondern bräuchte erst mal nur einen Kostenvoranschlag für die Versicherung. Können das nicht Sie machen?", frage ich mit einem Blick auf die Preisliste für Handy-Reparaturen, die als Aufsteller zwischen uns steht. "Ja schon, aber der Kollege würde das Handy dann gleich reparieren. Dann geht das in einem Aufwasch." Ich zähle geistig bis drei ...


"Okay, verstehe, aber ich will doch nur einen Kostenvoranschlag. Dazu brauche ich Ihren Kollegen doch gar nicht. Außerdem steht hier, der Austausch des Displays kostet bei meinem Modell 259 Euro und die defekte Kamera – je nachdem, ob die Front- oder Hauptkamera defekt ist – noch mal 50 bis 130 Euro." "Ja", ergänzt er freundlich, "und wir müssten natürlich die Funktionalität des Handys überprüfen. Das kostet noch mal extra, macht der Kollege aber gleich mit."


"Verraten Sie mir vielleicht, wie viel das extra kosten würde", frage ich mit dem Mut der Verzweiflung. "Schwer zu sagen, aber wenn der Kollege Ihr Handy repariert ..." "ICH WILL MEIN HANDY NICHT REPARIEREN! Ich brauche nur einen Kostenvoranschlag!" "Für die Versicherung, ja, das hab ich schon verstanden." Der Mann ist wirklich gnadenlos und ahnt nicht, dass er gerade mit seinem Leben spielt ...


"Also", rechne ich ihm geduldig vor. "Das Display kostet 259 Euro, die Kamera 130. Da wären wir schon mal bei 389. Und der Check? Sagen wir nochmal 100?" "Ja, das kommt hin, aber der Kollege ..." "Also 489 Euro" fasse ich zusammen. "Würden Sie mir das jetzt bitte als Kostenvoranschlag ausdrucken? Und lohnt sich die Reparatur dann eigentlich noch? Das Handy ist schließlich zwei Jahre alt und der Akku wird auch nicht besser."


"Der müsste dann evtl. auch ersetzt werden", erklärt mir das rote T-Shirt freundlich. "WIE VIEL?, frage ich um Contenance ringend. "Noch mal 40 Euro plus Einbau". "Also etwa 600 Euro alles in allem? Das lohnt sich ja gar nicht, wenn ich für 900 ein nagelneues Handy mit 2 Jahren Herstellergarantie kriege." "Kriegen Sie nicht", schallt es mir trocken entgegen. “Das Gerät kostet mindestens 1200 Euro."


Gut, jetzt kann der Mann natürlich nicht wissen, dass seine Filiale ausgerechnet mein Modell gerade im Angebot hat ... für 900 Euro. Ich bedanke mich also für seine Hilfe, beschließe, mir den Kostenvoranschlag woanders zu holen, spaziere zurück in die Handyabteilung und erstehe dort ein neues Handy nebst Panzerglas und extra-robuster Schutzhülle – für 870 Euro.


Das hätte ich auch einfacher haben können ...

ree
Crashtest eindeutig nicht bestanden ... Quelle: Robert Böck

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