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Nahtoderfahrung am Berg

  • Autorenbild: Milaidin
    Milaidin
  • 26. Sept. 2019
  • 2 Min. Lesezeit

Ich weiß ja echt nicht, wieso ich mich am letzten Wochenede habe überreden lassen, eine "kleine" Bergtour zu machen. Ich bin im Moment fit wie ein Feuchtlurch auf Wüstensafari, meine Lunge klinkt sich nach zehn Minuten aus wie ein ABS in einer zu scharfen Rechtskurve, weil sie der Ansicht ist, der Scheiß geht sie nichts an, und meine Oberschenkelmuskulatur ... na ja, die wird am Schreibtisch auch nur zögerlich besser.


Aber egal, das Wetter war schön, die Tour mit 1,5 Stunden nicht allzu lang, meine Bergschuhe standen bereit, also nichts wie los. Fünf Minuten nach dem Verlassen des Parkplatzes fiel mir auf, dass meine Schuhe irgendwie zu klein waren und ich mit den Zehen auf Anschlag den Anstieg in Angriff nahm.


Nach weiteren fünf Minuten fiel das auch meinem rechten Mittelzeh auf, der sich daraufhin einen Spaß daraus machte, seinen Nagel in den Nachbarzeh zu bohren, um mich bei jedem Schritt daran zu erinnernn, dass ich mich der Bergtour besser hätte verweigern sollen. Aber da ein Indianer ja bekanntlich keinen Schmerz kennt, bin ich mit blutendem Zeigezeh tapfer weitermarschiert ... das Ziel immer vor Augen.


Und zwar buchstäblich.  Mann, wie ich das hasse. Ich meine, was soll der Scheiß? Kann sich diese Dreckshütte nicht einfach hinter einem Felsvorsprung verstecken und freuen, dass ich nach meiner – zugegebenermaßen unwahrscheinlichen – Ankunft auf selbiger ein Bier oder fünf trinke und mindestens ein halbes Schwein esse? Nein, das Miststück muss mir geschlagene eineinhalb Stunden lang vor Augen halten, dass der Berg zwischen Parkplatz und Hütte irgenwie nicht weniger wird, während ich japsend überlege, ob ich mein Leid nicht besser mit einem beherzten Sprung in den Abgrund beenden sollte.


Puh, ich glaube, ich bin höhenkrank. Kennt man ja vom Everest. Was, wenn ich auf halber Strecke umkippe? Wo ist dann der Sherpa, der mich zurück ins Tal trägt? Kann hier im luftlosen Hochgebirge überhaupt ein Hubschrauber landen? Soll ich schnell eine rauchen, um meine Kohlenmonoxidsättigung wieder auf Kurs zu bringen? Ist das der Yeti da vorne? Oh, mein Gott, ich halluziniere.


Irgendwann waren wir dann tatsächlich oben. Also kollektiv gesehen. Ich selbst war moralisch, körperlich und konditionell eher down, aber was soll's? Einfach kurz übergeben, eine Kleinigkeit essen, den Elektrolythaushalt mit einem Fass Bier und einem Eimer Red Bull wiederherstellen und dann zurück ins Tal. Abwärts ist ja kein Problem, dachte ich.


Böser Fehler, denn wenn die Schuhe schon beim Aufstieg zu klein sind, werden sie auf dem Weg nach unten noch viel kürzer – vor allem vorne. Also habe ich mich bei jedem Schritt mit eingezogenen Zehen in die Sohlen meiner Bergschuhe eingegraben und die Abwärtsarbeit den Oberschenkeln überlassen. Der nächste böse Fehler, denn irgendwann auf halber Strecke waren besagte Oberschenkel dann sauer – buchstäblich – und ich habe überlegt, ob es vielleicht besser wäre, den restlichen Abstieg rückwärts zu bewältigen.


Genau das habe ich dann übrigens die nächsten vier Tage zu Hause gemacht. Ich bin die Treppen rückwärts runtergelaufen, weil ich sonst vermutlich jesusmäßig auf die Fresse gefallen wäre vor lauter Muskelkater.


Tja. Quod errat demonstrandum ... Sport ist tatsächlich (Selbst)mord ...

Nächstes Wochendene machen wir den Everest. Bin jetzt ja fit ... Quelle: Shutterstock

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