Freunde, Mitbürger, Sachsen 2.0
- Milaidin
- 8. Sept. 2024
- 5 Min. Lesezeit
Ich könnte es mir an dieser Stelle natürlich leicht machen und einfach auf meinen Artikel vom 2. September 2019 anlässlich der Landtagswahlen in Sachsen verweisen, aber das wäre aus journalistischer Sicht unseriös, weil sich seit dem letzten Debakel in Alices Höckeland einiges getan hat und gewisse Aussagen aus meinem launigen Beitrag von vor fünf Jahren mittlerweile überholt wurden ... und zwar rechts.
Ich mache es daher wie Michael Ende und schreibe mehrfarbig. Ist ja auch irgendwie eine unendliche Geschichte, dass sich alle vier Jahre dieselben Schwachmaten blank entsetzt fragen, warum die AfD so stark ist. Lesen die in der Ampel keine Umfragen? Oder nehmen sie sie einfach nicht ernst? Na ja, ist ja auch egal. Jetzt können SPD, Grüne und FDP in Sachsen wenigstens nichts mehr kaputt machen. Das ist ja fast schon eine gute Nachricht. "Beim Hitler war schließlich auch nicht alles schlecht", werden sie sich in Sachsen denken. Der hat immerhin die Autobahnen gebaut, deren Verfall die Ampel heute mit Bedauern und vergleichsweise untätig zur Kenntnis nimmt.
Egal, zurück zur angekündigten Farbverteilung. Braun ist fortan der Originalartikel aus der Zeit vor der gefühlten Machtübernahme und grün sind die nicht weniger alarmierenden Neuerungen anlässlich der diesjährigen Wahl. Wenn ich wüsste, welchen offiziellen Pantone-Braunton der gemeine Rechtspopulist bevorzugt, käme er hier natürlich zum Einsatz, aber dä Prässeställe där AfDä wollte ähn mär nächt värraten.
Aber genug der Vorrede ... gehen wir den Artikel von 2019 einfach noch mal ganz objektiv – Lach-Smiley – durch ...
Während sich unser Bundespräsident in Wielun 80 Jahre nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs bei den Polen entschuldig, wählen in Sachsen knapp 28 Prozent der Menschen die AfD. Wie kann das in einer vermeintlich demokratischen Gesellschaft sein?
Das war natürlich totaler Kappes damals mit den knapp 28 Prozent. Mittlerweile bringt es die AfD nämlich auf stramme 30,6 Prozent. Gleichzeitig scheint sich die FDP umbenannt zu haben und kommt als "Sonstige" auf starke 6,2 Prozent. Parteibereinigt sind es zwar nur 0,6, aber hey, ich möchte wetten, auf der Wahlparty haben Bocelli und Brightman mit "Time to say Goodbye" ein umjubeltes Comeback gefeiert, die alten Stimmungkanonen. Wo der Bundeswalter in diesem Jahr war, ist an dieser Stelle nicht wichtig ... wie der gesamte Bundeswalter übrigens. Gleiches gilt für die Grünen, bei denen am Wahlabend selbst die Ricarda ein – Achtung, in zweierlei Hinsicht Hammergag – langes Gesicht hatte.
Die AfD sagt, sie will nur das Beste für unser Land und tritt für die Belange des Volkes ein, und die AfD ist eine ehrenwerte Partei.
Es dürfte unbestritten sein, dass nicht alle Bewohner der nicht mehr ganz so neuen Bundesländer rechtsradikales Gedankengut in sich tragen – ebensowenig wie alle Deutschen im Jahr 1933 bei der Machtergreifung durch die Originalnazis (und mal ehrlich, es geht doch nichts über das Original) allesamt Nazis waren oder ein entsprechendes Gedankengut in sich trugen. Aber trotzdem wählen heute knapp 28 Prozent der Sachsen die AfD?
Wie gesagt, 28 Prozent waren gestern. Mittlerweile sind es über 30. Und wenn die Ampel nächstes Jahr wiedergewählt werden sollte, werden es in fünf Jahren vermutlich 40 Prozent sein und die AfD holt an der Seite des BSW die absolute Mehrheit in ALLEN neuen Bundesländern außer Polen und Elsaß-Lothringen. Spätestens dann macht Narziss in Gestalt der ewig lächelnden Sarah – ich meine, wenn die Benennung einer neuen Partei nach sich selbst nicht narzisstisch ist, was dann? – gemeinsame Sache mit Nazis und am Wahlabend bekommen die strahlenden Sieger einen Strauß Nazissen. Allein bei dem Gedanken fällt den vormals etablierten Parteien vermutlich das Essen aus dem Goldmund.
Ach ja, vielleicht noch ein Wort zur oben angesprochenen Wiederwahl der Ampel ... – mwhahahaha, ein guter Witz, daran glauben aktuell nur Olaf Scholz und Saskia Esken, weil sie offenbar ohne ihn zu fragen schlechtes Gras vom Karl rauchen ... aber der wurde ja bekanntlich noch nie wegen irgendwas gefragt. Vermutlich wird er demnächst ohnehin fortgejagt (das ist jetzt übrigens die Vorstufe von Querverweis erklären), weil er – man kann von ihm halten was man will – nicht völlig weltfremd zu sein scheint und sogar den Mut hat, weiterhin unverdrossen in Talkshows Rede und Antwort zu stehen.
Aber egal, denn die AfD sagt, sie wisse um die Sorgen des kleinen Mannes und würde ihm helfen, seinen Ängsten Gehör zu verschaffen, und die AfD ist eine ehrenwerte Partei.
Helmut Kohl hat dem Osten unseres schönen Landes "blühende Landschaften" versprochen, und mal unter uns Pastorensöhnen – ihr habt sie auch tatsächlich bekommen. Was die Politik allerdings auf fatale Weise versäumt hat, war ein nachhaltiger Strukturwandel und die Verankerung demokratischer Prinzipien in den Ländern der ehemaligen DDR – in der ja offenbar alles besser war. Aber ist das ein Grund, die AfD zu wählen?
Ja, denn die AfD bietet den verunsicherten Menschen in den neuen Bundesländern einfache Lösungen, die auf Angst um die eigene Zukunft, Fremdenhass und einem unangebrachten Patriotismus basieren, aber die AfD ist eine ehrenwerte Partei.
"Der Osten hat kein Gesinnungsproblem", skandieren die etablierten Parteien, deren Tellerrand offenbar unfassbar hoch ist, unisono. Wie, frage ich mich, kommt es dann aber zu einem derart offensichtlichen Rechtsruck? Wie wird man – ohne es zu wissen – zum Nazi? Möglicherweise durch Gespräche mit volksverhetzenden Rattenfängern, die im Gegensatz zu ihrem Stimmvieh, sehr wohl braunes Gedankengut in sich tragen und es vortrefflich verstehen, Letzteres geschickt in ihren Wählern zu verankern?
Die AfD ist natürlich weder verfassungsfeindlich, noch in irgendeiner Weise rechtspopulistisch, rassisitisch, schwulenfeindlich oder übersteigert nationalistisch, sie spricht nur an, was die Menschen im Osten bewegt, denn die AfD ist eine ehrenwerte Partei.
Ha! Endlich wieder ein Zwischenruf. Ich hatte schon Angst, der olle Artikel von 2019 geht hier quasi unredigiert noch mal durch. Aber weit gefehlt. Mittlerweile gilt die AfD nämlich laut Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextrem". Hach, schön. Man muss sich dieser Tage einfach über kleine Veränderungen freuen, denke ich.
Das Schöne an schleichenden Prozessen ist ja der Umstand, dass die Erkenntnis ob der möglichen Folgen erst dann eintritt, wenn es bereits zu spät ist. Das wissen besagte Rattenfänger, zumal sie längst davon ausgehen können, dass SIE es sein werden, die nach der nächsten Wahl in Sachsen die Regierung bilden. Leider scheint das den anderen Parteien allerdings immer noch nicht bewusst zu sein.
Ist aber auch egal, denn die AfD will nur das Beste für unser Land und seine Bewohner – nur eben ohne Schwule, Ausländer und all das andere Gesocks, das sie irgendwie stört, aber die AfD ist eine ehrenwerte Partei ...
Armes Deutschland ...
Nicht doch, wir müssen uns einfach mit dem Gedanken abfinden, dass Orange das neue Black ist und Blau eben das neue Braun. Sind doch alles nur Farben. Scheiß Demokratie halt. Die hat auf Dauer noch nie funktioniert, wenn man die Bürger mitspielen hat lassen. Aber jetzt haben wir den Salat nun mal und ich fürchte, die LGBTQ Alice hat recht, wenn sie sagt, dass sich eine Fortsetzung der Vogel-Strauß-Politik angesichts der AfD rächen wird.

Comentários