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  • AutorenbildMilaidin

Ode an den Lector sapiens

Wer kennt ihn nicht, den sympathischen Klugscheißer, der vor einem gemeinsamen Theaterbesuch mit der blasierten und aus unerfindlichen Gründen gedämpften Stimme eines Pferdedressurkommentators verkündet, er habe Shakespeare ja zuerst im altenglischen Original und erst später in der heute auf den Bühnen dieser Welt dargebotenen Textversion gelesen, um dann im selben Atemzug zu erklären, man könne sich während des Stückes jederzeit vertrauensvoll an ihn wenden, falls man etwas nicht verstehen sollte ... natürlich auch in den lateinischen Passagen, weil er – und das ist jetzt wirklich nur eine Vermutung von mir – mit Kicero studiert und in Käsars Auftrag mit dessen treuem Gefährten Bello die Pläne für die Besetzung Galliens ausgearbeitet hat.


Ja, ich gebe an dieser Stelle freimütig zu, Shakespeare – im Gegensatz zu den gesammelten Werken von Nebukadnezar – NIE im altenglischen Original gelesen zu haben ... genau wie der Meister selbst übrigens, der dafür nämlich etwa 400 Jahre zu spät sprechen und schreiben gelernt hat, aber der Teufel steckt ja bekanntermaßen auch für den gemeinen Wisenheimer im Detail ... oder wie der gute alte Bond-Hilfsbösewicht von Berlechingen dem Barkeeper seines Vertrauens im forschen britischen Imperativ sagen würde, dass er sein Bier schütteln, aber keinesfalls rühren soll.


Wobei ich an dieser Stelle vorsichtshalber erwähnen möchte, dass ich SELBSTVERSTÄNDLICH auch Nebukadnezar NICHT im englischen Original, sondern in der leider nur in Teilen erhaltenen gotischen Textversion gelesen habe, die Friedrich II. Barbarossa während eines Badeurlaubs am Saleph im Jahr 1190 verfassen wollen hätte können, wenn er nicht in Unkenntnis seiner mangelnden Schwimmkenntnisse – vermutlich im Suff nach einem feucht-fröhlichen Kegelabend – in besagtem Fluss ertrunken wäre. Frei nach dem Motto: "Allen war klar, die Strömung ist tödlich. Nur der Fritz wusst nix."


Am Rande aber das nur an dieser Stelle, um mit einem Jambus für Kultur zu sorgen. Und ist es kein Jambus, dann wird's jemand wissen. Ob Alexandriner, Hans-Wurst oder Hämorrhoidensitzkissen.


Oh Mann, ich fürchte, ich verliere langsam den Verstand. Laut meiner Kammerzofe wird es zunehmend schlimmer, seit ich im feuchten Ostflügel meines Schlosses täglich Orgel spiele. Mwahahahaha ...


Egal, jedenfalls finde ich obige Art von Selbstdarstellung irgendwie drollig und tatsächlich auf ihre ganz eigene Weise sympathisch. Kann ja niemand wissen, was ich beruflich mache. Im Gegensatz zum Weihnachtsmann, Boba Fett und Gandalf sieht man mir meine Profession schließlich nicht gleich auf den ersten Blick an. Was wiederum nicht heißt, dass ich alles verstanden habe, was die Dramaspacken auf der Bühne zum Besten gegeben haben. Deshalb sehe ICH mir ja auch keine Filme im Original an. Ist mir viel zu anstrengend. Fünf Minuten unkonzentriert und schon bin ich raus aus der Nummer ... vermutlich sogar bei einem Lernvideo für 3-jährige.


Bevor ich nun endlich zum eigentlichen Thema komme, sei mir an dieser Stelle noch gestattet, der ebenfalls durchaus liebenswerten Mutter eines Freundes – Gott hab sie selig – ein Denkmal zu setzen, die ihrem schon damals anglophilen Sohn seinerzeit Felidae von Akif Pirinçci – ja, genau – im "englischen Original" geschenkt hat. Den deutschen Bestseller eines rechtspopulistischen (noch so ein Treppenwitz der Geschichte) Türken ... auf Englisch. Herrlich. So entstehen Klassiker. Das kann man sich genauso wenig ausdenken wie die Adresse von Biontech, die ja irgendwie auch eine selbsterfüllende Prophezeiung war ...


An der Goldgrube 12 in Mainz. Ich find's schön ...


Jetzt aber zum eigentlichen Thema des heutigen Tages, den eher mühsamen Vertreter:innen der Kulturarroganz, die sich ob ihrer eigenen Intellektualität in einem Satz nur deshalb viermal selbst rechts überholen, um mich dazu zu bewegen, einen Artikel zu verfassen, in dem ich angesichts meiner eigenen literarischen Mediokrität im cabanossischen Sinne Heinrichs des Vierten zu Kreuze kriechen oder – frei nach Luther (nein, nicht dem Revolverhelden aus Gilead) – mittels einer externalisierten Bußübung für etwas auf metaphorischen Knien durch einen fiktiven Kirchgang rutsche, das mir bis dato in dieser Form gar nicht bewusst war ... wobei ich es insgeheim immer befürchtet hatte.


Ich bin eine sprachliche Null – Komma fünf bestenfalls –, die der/die/doof gemeine Universalgelehrte, der/dumdidel/dei Hermes nach der durchaus motivierten Belegung des VHS-Kurses "Die griechische Götterwelt im Wandel vons Zeit" unter der Leitung von Olympiakos Tianix-Piräus lediglich mit einem Paketdienst und Apollo auch nur an wirklich sehr guten Tagen mit einem Optiker oder Dimitris Eselmaul in Verbindung bringt, mit an Sittlichkeit grenzender Wahrscheinlichkeit für geistig minderbemittelt hält und seinerseits echte Literatur wie "Herr Lehmann" kontaminiert – vermutlich, weil er/sie/Muhme/Rumpumpel denkt, Sven Regener hätte die dritte Staffel von DSDS gewonnen.


Das wiederum kann man dem engagierten Hilfssheldon aber wiederum nicht verübeln, weil er damals, 91, hinterm Mond, als der Nicht-Tobi vor einem weißen Papier saß, um an einem Sonntag im April die schönen Rosen und die Romantik hochleben zu lassen, längst dachte, er/sie/es, hic/haec/hoc, selbst wäre der Mittelpunkt der Welt. Schade eigentlich, denn überall, wo er ist, bin ich irgendwie nie, ich Schaf, das Angst vor Monstern und Mäusen hat, aber ich fürchte, ich schweife ab.


Aber bin ich armer Thor – nein, NICHT der Superheld – nun ein kriminelles Element, nur weil ich gerade (im mathematischen, nicht im temporalen Sinne) Sätze zu Bildschirm und Papier bringe, mit denen der geistige Maverick – und der ist echt riiiichtig tief geflogen – unter uns möglicherweise nichts oder nur wenig anfangen kann und sie deshalb als banales Geschwätz abtut ... was sie freilich sind, wenn ich es mir recht überlege?


Und ist nicht schon die Verwendung komplexer Fremdwörter irgendwie verwerflich, weil sie eine aufgesetzte Intellektualität subtrahiert (ja, ich weiß, noch ein Malapropismus, aber das muss man neuerdings ja dazusagen), die den Verfasser des jeweiligen Textes als legasthenischen Langzeitpatienten effendizieren?


Apropos, da fällt mir ein ... ich habe "Durch das Land der Skipetaren" mittlerweile durch und fiebere der Begegnung mit dem Schut entgegen, bevor ich Rih dem Pferdemetzger zuführe (Achtung: Spoiler. Ups, zu spät, sorry) und mich filmreif von Hadschi Halefs Oma verabschiede, um dann aber nicht nach Hause zu fahren, sondern zunächst Genitalien, um von dort per Schiff Amerika zu übersetzen ... oder nach Amerika überzusetzen? Hach, wenn ich das nur wüsste ... rübermachen halt, oder wie der amerikanische Single sagt: Heute können wir nicht kochen, weil beim Kentucky gibt's fried chicken.

Howgh – ich habe – in Vorfreude auf Winnetou I – gesprochen ...


In unserer schnelllebigen Zeit hat es auch der staatlich bestellte Universalgelehrte schwer ... Quelle: Shutterstock


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