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  • AutorenbildMilaidin

Im Sumpf der Binsenweisheiten

Aktualisiert: 21. Aug. 2021

Zwei Dinge sind unendlich. Das Universum und die menschliche Dummheit.

- Albert Einstein


Ob obiges Zitat nun tatsächlich von Einstein stammt oder nicht, ist umstritten, gültig ist es aber in jedem Fall bis heute, weil jede Einstein zugeschriebene Aussage immer weite Kreise zieht, selbst wenn der kleine Albert tatsächlich weder heimlich und schon gar nicht still und leise ins Wasser gefallen ist. Womit wir aber auch schon bei unserem Grundgesetz wären, dessen erster Artikel im Interesse einiger rammdösiger Querdenker*onen und reisefreudiger Ballermänner*inas demnächst wohl in "Die Dummheit der Deutschen ist unantastbar" umgeschrieben wird.


Wobei. Bevor ich Urlaub an der Ostsee mache, würde ich vermutlich auch lieber mal lorca nach Palma jetten oder maskenlos durch die Nacht nach Tübingen tanzen. Da haben sie schließlich auch irgendwie Palma und alle ziehen durch die Straßen und Clubs dieser Stadt, bis ein neuer Tag erwacht. Atemlos, schwindelfrei und wer krank ist, muss draußen bleiben. Das nenne ich mal positives Denken.


Andererseits ist die beschauliche Universitätsstadt ja spätestens seit der merkelschen Rolle rückwärts in puncto Osterruhe der angesagteste Place tü bi in ganz Deutschland. Okay, ich entschuldige mich ... zum einen für den Kalauer, zum anderen für den Umstand, dass mein Frontallappen angesichts der pandämonischen Gesamtlage im Gegensatz zum ein oder anderen – sagen wir es doch wie es ist – geschäftstüchtigen Politclown nicht mehr ausreichend geschmiert ist und ich mitunter den Sumpf vor sauter Masken nicht mehr sehe.


Oder bin ich jetzt zu negativ?


Ups. Böses Wort. Das darf man, glaube ich, heutzutage guten Gewissens gar nicht mehr in den Mund nehmen, wenn man nicht zufällig als ausgebildeter Meteorologe in Lesotho vor schlechtem Wetter warnt oder nach einem feuchtfröhlichen Mallorca-Urlaub die Einreise nach Deutschland sicherstellen möchte.


Aus demselben Grund – und das wissen nur die Wenigsten – darf man sich selbst an Fasching ja auch nicht mehr als Nazi verkleiden, um nicht versehentlich die Gefühle stramm rechtskonservativer indigener Deutscher zu verletzen, wenn man selbst keiner ist. Stichwort "kulturelle Aneignung". Man verkleidet sich beim Carneval in Venedig schließlich auch nicht als Fleisch, nur weil das Fest so heißt.


Wenn man sich hingegen selbst als Nazi fühlt oder (besser noch) tatsächlich einer ist, steht einer Verkleidung als Blondi selbstredend nichts entgegen ... außer einer Unterlassungsklage von Debbie Harry vielleicht, wenn sie nicht gerade Derricks Wagen vorfährt. Eine Verkleidung als Propagandaminister verbietet sich hingegen strikt, weil man sich nicht über Behinderungen lustig machen darf. Sagt das mal Paul Pantcher ... der hat nämlich gar keinen Sprachfehler. Mal sehen, wie lange wir das noch lustig finden dürfen. Oder Aufführungen von Peter Pan. Der wird nämlich oft von SchauspielerINNEN gespielt ... auch im Freien! Skandalös!


Analog dazu – damit sich endlich auch mal die Proktologen beschweren können – ist es im Karneval mittlerweile ein No-Go, sich als indigener Amerikaner zu verkleiden, weil – ich zitiere die Grünen – "Angehörige indigener Stämme der Begriff 'Indianer' kränken könnte." Dabei bezeichnen sich Letztere selbst als American Indians ... diese ignoranten – sorry: indigenen – Rothäute? Geht gar nicht. Ureinwohner? Fällt auch aus, weil sie nicht ticken und "Digitalureinwohner" zu sperrig klingt. Winnetous? Der war wiederum Franzose und hätte gar keinen indigenen Amerikaner spielen dürfen. Och Menno, das ist echt schwierig. Lesen bildet halt doch nicht ... dachte sich deshalb der Cooper und hängte seinen Lederstrumpf an die Wand. Vermutlich weil er zu allem Überfluss auch noch Fenimore hieß, obwohl er gar nicht schwarz war.


Angesichts eines derartigen Kulturterrrorismus muss man sich ernsthaft fragen, was kommt eigentlich als Nächstes? Ein Aufschrei der Hexengewerkschaft? Ein Verbot von – Achtung, unbezahlte Werbung – Ritter Sport? Massenproteste von Seeräubern? Die radikale Abschaffung der kulturellen Vielfalt mit monatlicher Bücherverbrennung entarteter Künstler wie Astrid Lindgren, Michael Ende, J.K. Rowling, Karl May und Janosch? Clowns, die zu Tausenden auf die Straße gehen?


Aber Halt. Letztere gibt es ja schon. Erst neulich in Kassel zum Beispiel. 20.000 Clowns, die lustigerweise ohne Masken für irgendwelche wirren Ideen demonstrieren. Aber so ist er halt, der Clown. Lustig, bis der Arzt kommt ...


Auch wieder zwei Wochen lang zu negativ, oder? Tja, sorry. Das hab ich offenbar in die Gene. Und zu allem Überfluss werden diese einfältigen Sumpfbinsen in Kassel – ich hatte ja angekündigt, das Wort zukünftig häufiger zu verwenden – bis auf Weiteres nicht mal geimpft, weil bei uns auch nach drei Monaten erst die Schwächsten an der Reihe sind. Also Senioren über 120, Schalke 04, Michael Piazolo und Uschi von der Scheuer.


Wir brauchen einfach einen starken Mann, der unser Land wieder auf Kurs bringt. Und nachdem der Jogi dem Armin vermutlich sagen würde: "Laschet lieber", bleibt nur einer. Der diabolische Frange, der den Armin auf die Lilli bringt, weil er quasi über Nacht das "Tübinger Modell" für ganze Bayern beansprucht und damit zum bajuwarischen Boris der Herzen mutiert. Wobei ich zugeben muss, dass ich besagten Boris bis vor Kurzem für Sebastian Puffpaff gehalten habe, aber offensichtlich gibt's den wirklich ... den Puffpaff.


Söder also, bei dem sich allerdings mittlerweile auch die Frage stellt, ob er tatsächlich ein Problemlöser ist oder im Falle seiner Wahl zum Kanzler eher zum Problemloser in der Tradition von Andi Scheuer und dem Wendler mutieren würde. Andererseits sollten wir in Zeiten, in denen der Margus überhaupt als Kanzlerkandidat*euse (sicher ist sicher) und Lothar Matthäus, der alte Evangelist, als Bundestrainer gehandelt werden, die obige Umlautpunkte vielleicht nicht überbewerten, zumal der Soder in der Pressekonferenz am letzten Dienstag folgendes versprochen hat:


"Bis Ende der Oktoberferien gibt es keine weiteren Öffnungen."


Oh-oh. Wenn da mal der Freud nicht unbarmherzig zugeschlagen und unser aller Pläne für diesen Sommer vorweggenommen hat. Während der Söder also in der Tradition von Prinz Omelette die gleichermaßen bange wie epische Frage "Tü bingen or not Tü bingen" ins leere Prinzregententheater schmettert, grätscht ihn der freudlose, aber anerkannt schöne Siegmund auf dem Flug nach St. Wolfgang einfach von hinten um und erklärt 2021 offiziell für beendet. Aber er kann ja nichts dafür ...


Darauf noch schnell einen Opfelsoft und dann ab nach Molle ...

Ganz ehrlich? Mir wär's zu blöd, obwohl ich auch gerne Urlaub hätte ... Quelle: Shutterstock

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